Widerstandskraft

Wenn von Widerstandsfähigkeit die Rede ist, denken wohl die meisten Menschen an physische Immunität. Man will gegen Krankheiten geschützt sein und zu unserem Glück haben die medizinischen Forscher Mittel gefunden, welche uns durch Impfung vor den großen Epidemien bewahrt haben. Inzwischen weiß man, dass es nicht nur bei ansteckenden Krankheiten um die Widerstandskraft geht, sondern bei allen.

Auf der einen Seite werden die Körper eigenen Stoffe aufgebaut, indem man seinen Körper kräftig und gesund erhält – auf der anderen Seite geht man mit medizinischen Mitteln gegen schädigende Substanzen vor. Allen krankheitserregenden Stoffen grundsätzlich aus dem Weg zu gehen, ist nicht möglich und bei Übertreibung treten andere Krankheiten auf, die noch schlechter zu behandeln sind als die, welche man verhüten möchte. In meiner Kindheit, vor dem zweiten Weltkrieg, waren Allergien kaum bekannt; wir durften auch im Dreck spielen. In den USA, wo man bei der Kinder Erziehung möglichst alles desinfizierte, was die Kleinen berührten, traten schon bald allergische Hautkrankheiten auf. Heute, nach 80 Jahren, sind die Verhältnisse durch die vielen Umweltgifte wesentlich anders. Stimmt das wirklich? Den großen Seuchen-Gefahren durch giftige oder atomare Stoffe sollte man selbstverständlich aus dem Wege gehen – aber dennoch ist das Aufbauen von gesunder Widerstandskraft die beste Möglichkeit in dieser Welt zu leben.                                             (Meine unwissenschaftliche Oma-Meinung)

Ich plädiere für eine ganzheitliche Widerstandskraft, welche nicht nur unseren Körper, sondern ebenso den emotionalen wie den kognitiven und geistigen Bereich umfasst. Die gegenseitige Beeinflussung dieser Gebiete ist bei den Neurobiologen heutzutage bekannt. In unserer westlichen Medizin wird das Kranke möglichst entfernt, unterdrückt und herausgeschnitten;  – bei der chinesischen Medizin geht es vorwiegend um Unterstützung, Erhalt und Kräftigung.

Seit 30 Jahren treten in der westlichen Welt zunehmend Krankheiten auf, die durch überhöhten Stress bedingt sind. Die Gedanken-Aktion, die nicht mehr zur Ruhe kommt, wirkt sich auf die Psyche des Menschen schwächend und unkontrolliert aus, der Körper verliert jegliche Widerstandskraft und ist somit lebensbedrohlichen Krankheiten ausgesetzt. Hier zeigt sich die Abhängigkeit der drei Gebiete, die wir gemeinhin – Körper, Seele Geist – nennen, besonders deutlich. In der Medizin heißt dieses Phänomen psychosomatisch, könnte besser noch kogni-psycho-somatisch genannt werden. Psychotherapeuten sprechen gerne von Resilienz.

In der buddhistischen Lehre geht es auch um die Heilung von Krankheiten. Der Buddha geht dabei vom Geist aus und nicht vom Körper. Im Geist des Menschen muss sich eine Änderung vollziehen, damit Psyche und Körper wieder ins Gleichgewicht kommen, Aktivität und Passivität müssen im richtigen Verhältnis zu einander stehen. Er empfiehlt die guten Kräfte in uns zu stärken und den verderblichen Trieben Widerstand zu bieten. Wichtig sind vor allem Einsicht einerseits und unvoreingenommene Zuwendung andererseits.

Betrachten wir den krank machenden Stress einmal aus buddhistischer Sicht.

Man will meistens mehr verdienen, man hat materielle Pläne und man will auch zeigen was man kann; man will etwas Besonderes sein. In der Lehre wird es krass Gier genannt, etwas unbedingt Haben Wollen. Dabei treten natürlicherweise Probleme auf, die bekämpft und gelöst werden müssen, sodass Ablehnung unvermeidlich ist. Unser Können, meistens ist es Spezialistentum, verleitet uns, eine höhere Stellungen mit mehr Verantwortung anzustreben, was unserem Ichgefühl eine gewisse Macht verleiht, uns aber unter Leistungsdruck setzt. Alle drei Leid verursachenden Triebe sind es, die unser gesamtes System durcheinander bringen: Gier, Hass und Ichsucht. Anstatt ein gutes Verhältnis untereinander aufzubringen und eine Pflege, die den Geist, die Emotionen und den Körper betrifft, erlebt unsere ganze Persönlichkeit Chaos,  – anstatt Harmonie Kampf und Leid.

Weiterhin wird die Lage dadurch verschärft, dass in dem betroffenen  Menschen die Angst wächst; Angst vor Krankheit und Tod  und vor dem Verlust geliebter Menschen und Dinge. Schwerwiegend ist   der Verlust des Ansehens, der guten Stellung im Beruf wie in der Gesellschaft und in der Familie. Um seine Position zu erhalten und zu verbessern, setzt der Mensch sich oft über seine körperlichen und geistigen Kräfte hinweg für seine Arbeit und seine Verpflichtungen ein. Das wirkt sich leider auf die Psyche aus und zeigt sich schließlich in körperlichen Beschwerden. Es kommt zur Erschöpfung auf allen Gebieten.

Was kann man gegen dieses Abfallen tun?

Sich zuerst einmal darüber Klarheit verschaffen, was geschehen ist.

Dann sich eingestehen wie man darunter leidet und dass man keinesfalls noch tiefer in den Erschöpfungstrichter hineinsinken will.

Dann überlegen, was einem wieder Halt geben könnte.

Dann die ehrgeizigen Pläne zurückstellen und sich vor allem um die gedankliche Beruhigung kümmern und sich entsprechende Hilfe suchen.

Oft ist es die achtsame körperliche Betätigung, die für den unruhigen Geist  ein Labsal ist. Manche Menschen finden bei der Gartenarbeit wieder zu ihrem Gleichgewicht; andere machen einen Spaziergang im Grünen und wiederum andere setzen sich hin und meditieren. Die Übung der Achtsamkeit im gegenwärtigen Augenblick des Lebens wirkt wie ein Heilmittel.

Hilfreich sind oft Yoga- oder Chi –Gong-Übungen und die Geh-Meditation.

DER CHI-ATEM als AUFBAU der WIDERSTANDSKRAFT                                                                            Ich habe ihn von Tilo Rom, meinem „Chi-Meister“ gelernt und seine aufbauende Wirkung   erfahren. Ich möchte Euch diese Praxis gerne weitergeben.

Der Chi-Atem ist eine sehr aktive Übung zum Aufbau von körperlichen wie auch von seelischen Widerstandskräften. Es ist eine stufenweise Einatmung durch die Nase und eine kraftvolle laute Ausatmung durch den Mund. Nach der chinesischen Medizin soll man beim Einatmen Fäuste machen und sie  an den Körper heranziehen – beim Ausatmen leicht in die Knie gehen und die gestreckten Hände zu Boden schleudern. Das soll 10x hinter einander gemacht werden, dann eine kleine Pause und noch zweimal die 10 Atemzüge wiederholen.

Wer leicht in seiner Stimmung abrutscht sollte morgens und abends je 3x 10x diese Übung machen. Möglichst im Freien üben und als Frau nach Süden gerichtet, als Mann nach Norden.

Chi-Atem Praxis:

Stell Dich aufrecht hin und atme 3x lang ein und lang aus, wobei Du die Arme hebst und senkst.  Nun atme durch die Nase ein auf 3 Stufen:

   ein – ein – ein –und – durch den Mund auf ein lautes „HA“ kräftig aus!

   Richte Dich auf, mache Fäuste und ziehe beim Einatmen die Schultern hoch!                                                Ein – ein – ein

   Gehe ein wenig in die Kniebeuge und werfe Deine Arme mit offenen Händen Richtung Boden,                 wobei Du dich leicht Vorbeugst.

   Atme kraftvoll mit lautem “HA!“ aus.

10x wiederholen (eine leichte Hyperventilation schadet nicht) Asthmatiker müssen es ausprobieren.

Nach 10x eine kleine Pause – einmal lang und tief einatmen – Arme über den Kopf heben – halten eine Weile – und langsam ruhig durch die Nase ausatmen.

10x den Chi-Atem wiederholen –

Einmal lang und ruhig ein und aus –

10x den Chi-Atem wiederholen –

Beenden mit ausholender Armbewegung und langsamer Atmung durch die Nase.

3-MINUTEN-ATEM-MEDITATION

(lege eine Uhr mit Sekundenzeiger sichtbar vor Dich hin)

   Setzt Dich auf den Boden oder auf einen Stuhl; richte Dich auf!

   Lege Deine Hände auf Bauch und Brust, wo Du Deinen Atem spürst.

   Atme normal ein und aus.

   Schaue nun auf Deine Uhr und warte bis sie die volle oder halbe Stunde anzeigt.

   An diesem Punkt beginnst Du Deine Atemzüge zu zählen:

  Ein und Aus = 1 / Ein und Aus = 2 … bis die Minute zu Ende ist.                                                     Wie viele Atemzüge hast Du gemacht in dieser Minute?                                                              Wiederhole das Zählen des Atems noch zweimal –                                                                  und schau, ob sich die Atemzahl verändert?

Jetzt weißt Du wie oft Du in einer Minute atmest und kannst auch ohne Uhr 1 -3 Minuten lang meditieren. Im Tagesverlauf lässt sich das gut einbauen und bringt etwas Abstand und Ruhe in die Tätigkeit.

Es wünscht Dir viel Kraft, Ausgeglichenheit und Freude

Deine alte Ursula

 

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