Schlangengleichnis

Liebe Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter,

Es ist Frühling, und das ist überall zu spüren.

Etwas Frisches, Neues liegt in der Luft und tut uns gut.

Mancher muss sich auch mit tränenden Augen und verstopfter Nase abfinden – aber
das kann man dem Frühling nicht anlasten.

Was hat das mit der Schlange zu tun?

Im Schlangengleichnis in der Sutta Nipata wird all das aufgezählt was man
abwerfen sollte wie eine Schlange die abgenutzte, alte Haut.

Was ist bei uns abgenutzt und alt? Vielleicht unsere Möbel, unsere Wohnung?

Möglicherweise ist auch unsere Beziehung abgenutzt und alt?

Soll man das wirklich alles aufgeben und sich nach Neuem umschauen?

Es einmal zu wenden und von einer neuen Perspektive zu sehen, kann nicht
schaden. Es geht nicht um Äußeres, obwohl das oft in Mitleidenschaft gezogen
wird.

Innerlich werden wir aufgefordert, unsere Emotionen, unsere Einstellungen genau
anzuschauen und zu revidieren. Reflektion scheint nötig zu sein.

Was die Pflanzen und Tiere aus ihrem Trieb, ihrem Bedürfnis heraus machen hat
mit innewohnender Intelligenz zu tun. Obwohl es der Schlange weh tut und es
schwer zu bewerkstelligen ist, streift sie ihre Haut ab und ist anfangs mit der
neuen Haut ziemlich ungeschützt.

Leider oder zum Glück müssen wir unser Denken einschalten, um etwas
Festgefahrenes abzustreifen, um uns zu ändern. Leider kann man sagen, weil es
nicht mühelos automatisch geht – zum Glück, weil es mit innerer Entwicklung
zusammenhängt und uns immaterielle Werte vermitteln kann.

Im Sutta beginnt die Hautabstreifung mit dem Zorn, dem Schlangengift,

was zu bannen ist, sobald man es spürt. Halte ich meine Wut, meinen Ärger wie
meine Haut fest? Was hält mich davon ab, sie schleunigst loszulassen? Oder liebe
ich sie- tut sie mir das Gift gut? Vielleicht steckt hinter meiner Verweigerung
der Zweifel, darüber, dass die Wut ja eine wichtige Funktion hat? Oder ist es
nur die alte Gewohnheit, sich über jede Störung zu empören?

Aus Einsicht und Freude am Experimentieren lass doch mal los vom Zornig-Werden –
was macht das mit Dir?

„Ein solcher Mensch gibt beide Seiten auf,

Wie eine Schlange abgenutzte, alte Haut.“

Beide Seiten sind z.B. außen und innen. Ich kann äußerlich den Zorn
unterdrücken, innerlich schwelt er weiter als Groll oder innerer Verletzung.

In mir den Zorn zu besänftigen, ihm Ruhe zu geben, das ist noch wichtiger als
außen.

Sinnenlust wird als nächstes genannt, die uns leicht in ihren Bann zieht – und
uns nicht selten süchtig macht. Wenn sie uns besetzt, sind uns tiefere wertvolle
Gefühle und Gedanken nicht zugänglich. Wir sind von unserem innersten Glück wie
abgeschnitten. Wer sich an Sinnesdingen freuen kann, ohne an Vermehren oder
Ausweiten zu denken, ist gewöhnlich dankbar und möchte die Freude auch gerne mit
anderen teilen. Wissen, dass es andere, tiefe Freuden gibt, die das Innere lange
bereichern, ist eine Einsicht zum nicht Überbewerten des äußeren Sinnesglückes.

„Ein solcher Mensch gibt beide Seiten auf, wie eine Schlange abgestreifte, alte
Haut.“

Begehren und Dünkel werden in den nächsten Versen genannt.

Klebt an uns das Verlangen nach Bestätigung, Erfolg, Anerkennung und wichtig zu
sein wie eine alte Haut?

Arbeiten wir uns halbtot, um Besitz zu erwerben, groß dazustehen? Was tun wir
alles, um beliebt, angenommen zu sein?

Viel wird von uns verlangt, diese menschlichen, weltlichen Triebe aufzugeben.

Aber es lohnt sich, genau anzuschauen was unter dem Strich bei dem Abrackern
herauskommt. Reicht mir das für mein ganzes Leben? Sollte ich mal versuchen mich
schrittweise von manchen dieser Lebensmuster zu befreien? Wer oder was will mich
davon abhalten? Vielleicht ändert sich manches in meinem täglichen Leben?
Vielleicht gebe ich der Ruhe, Besinnung und der Herzensgüte auch Platz und Zeit?

„Ein solcher Mensch gibt beide Seiten auf, wie eine Schlange abgenutzte alte
Haut“

„Wer in den Daseinsformen Wesenskern nicht findet,

Wie einer, der auf Feigenbäumen Blüten sucht —“

Im 5. Vers ist vom Wesenskern die Rede. Mit dem Blüten-Suchen am falschen Platz
ist unsere Illusion gemeint. Täuschen wir uns nicht immer wieder selbst mit der
Idee, dieses oder jenes zu erreichen und zu besitzen, sei das erfüllende Glück?

Dann setzen wir viel dafür ein – und stehen irgendwann wieder mit leeren Händen
da.

Was kann der Wesenskern sein?

Als Menschen haben wir das wertvollste Potenzial im Innern mitbekommen. Es zu
erkennen und zu fühlen ist die Voraussetzung zum Entwickeln.

Gutes zu wollen und nach Herzens-Reinheit, Liebe und tiefer Weisheit zu streben,
sind Tendenzen, die uns wirkliche Werte geben, echte Menschlichkeit.

Trotzdem nicht am Weltlichen zu hängen, macht uns frei vom Verlangen und damit
vom Leid.

„Ein solcher Mensch gibt beide Seiten auf,

Wie eine Schlange abgenutzte, alte Haut.“

Dieses Lehrgedicht hat im Ganzen 17 Verse.

Vielleicht ist Interesse vorhanden, es weiter zu lesen und darüber nachzusinnen.

Also, machen wir es den Schlangen nach:

Streifen wir die abgenutzte alte Haut ab!

Möge es uns gelingen!

Von Herzen wünscht Euch erfreulich Aufbauendes Eure Ursula

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