Ferien vom Ich

Liebe Wegbegleiter-innen!

Der Sommer ist da, wenn auch noch nicht amtlich. In Wärme, Sonnenschein und dem
Duft der Linden können sich unsere Sinne baden – aber auch im Wind und im
erfrischenden Sommerregen.

Ich lade Euch ein zum Genießen!

Höre ich vielleicht Zwischenrufe, Proteste? Warum nicht?

Vielleicht sitzt Ihr noch im Büro, am PC, oder liegt im Krankenhaus? So
manche-r ist anfällig für Migräne bei dem schnellen Wetterwechsel oder plagt
sich mit Heuschnupfen herum – ist da von Genießen zu sprechen nicht zynisch?

Die Genießerin, die zu Euch spricht, hat gerade mal so einen Arthrosis-Schub
und kann es nicht einmal identifizieren, wo es am meisten weh tut. Da ich fast
80 Jahre lang all diese Gelenke mit mir herum trage und sie auch noch
einigermaßen funktionieren, beklage ich mich nicht, sondern danke meinen
Organen für die getane Arbeit.

Aber das hindert mich nicht daran, das Erfreuliche um mich herum zu sehen.
Dieser Frühling hat eine EINS verdient – so viele Blüten, so viel Sonne, so
viele Düfte! Und jetzt gibt es neue Überraschungen: Sattes Grün, frische
Früchte und neues Gemüse.

Ich wundere mich wie schnell das Eine vergeht und durch das Nächste ersetzt
wird; ich komme kaum nach mit meiner Wahrnehmung. Und stehe staunend und
genießend unter üppig blühenden Linden.

Unvollkommenes Zitat von Rilke?

“Wer von allen Rosen wüsste,

Die in stillen Gärten stehn,

Wer von allen wüsste, – müsste

Wie im Traum durchs Leben gehn.”

Wirkliche Genießer, genießen nur das JETZT – und wissen um die
Vergänglichkeit aller Dinge.

Wirkliches Genießen ist Freude, die dem Herzen gut tut. Ich nenne sie reine
Freude!

Sobald sich zur Freude Vergleiche, Kommentare und Beurteilen gesellen, verliert
die Freude an Reinheit und Kraft.

Warum? Weil Urteilen und Vergleichen, Verbessern Wollen, immer mit vorgefassten
Meinungen verbunden ist und damit dem Begehren und Abwehren die Tore öffnet. Es
sind die Störenfriede unseres Gemütes und schaffen Leid anstatt Freude.

Unser ach so gescheites Ich muss einmal schweigen, damit echte, berührende
Freude aufkommem kann.

Auch Schmerzen und Schwierigkeiten gehören zum Leben, das ist absolut nicht neu

Aber wie wir damit umgehen – das kann neu sein!

Auch im Leid können wir die Wirklichkeit des Lebens berühren – und eine tiefe
Berührung körperlicher und seelischer Schmerzen trägt bei einem klaren Geist
zur Lebensintensität bei.

Groll und Lüge sind Verirrungen des Geistes wie auch das Anklammern an Menschen
und Festhalten an Dingen – und sind Räuber unserer Energien.

Aus all dem bauen wir unser Ich-Gefühl auf.

Machen wir doch ganz bewusst mal Pause vom Ich – und schon fühlen wir uns
entlastet und wohler.

— keine Sorgen , keine Schuld, keine Angst, keine Verpflichtung – wunderbar
frei!

Ernst Schönwiese

“Der Kopf, blind vor Eitelkeit,

Vertraut nur sich selbst;

Und wundert sich

Über Angst und Verzweiflung.”

Sinne, Herz und Geist können sich zusammentun und das verletzbare Ich einmal
vor der Türe stehen lassen – das ist Leben! Das heißt Ferien machen – das
heißt Genießen!

Schöne Sommerzeit und Ferien vom Ich wünscht Euch herzlich Eure Ursula aus
Wien

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