Liebe Freundinnen und Freunde im Dhamma,
Wieder geht es um die Schlange, die ihre alte, abgenutzte Haut abstreift.
Jetzt sind wir bei Vers 8, wo es um Schein und Sein geht. In Gedanken können wir
uns leicht zeitlich und örtlich verlieren; wenn wir nicht im Hier und Jetzt bei
dem sind, was gerade mit uns und um uns passiert.
„Wer nicht zu weit ging, nicht zurück blieb,
Wer diese ganze Weltausbreitung überwand;
Ein solcher Mensch gibt beide Seiten auf
Wie eine Schlange abgenutzte alte Haut.“
Unsere Weltausbreitung heute ist ein Vielfaches von dem, was der Buddha vor 2500
Jahren erlebt hat. Trotzdem geht es um dasselbe Problem, das sich in den Köpfen
der Menschen abspielt. Wer hängt niemals mit den Gedanken in der Vergangenheit?
Wer macht sich keine Vorstellungen und Hoffnungen für die Zukunft? Das scheint
mir natürlich und auch nötig zu sein – aber festzustecken in dem was war oder
sich in Zukunftsvisionen zu verlieren, – das ist etwas anderes, weil diese
Fixierungen vom gegenwärtigen Leben ablenken.
Gehören wir zu denen , die zurück bleiben?
Trauern wir schönen Erlebnissen nach; oder lassen wir uns von Schuldgefühlen
erdrücken?
Gehen wir zu weit vor? Gehören wir zu den Ungeduldigen, die schon das Zukünftige
kontrollieren wollen und sich in Wünschen und Ängsten verstricken?
Wenn wir also weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft hängen – dann
bleibt nur noch das JETZT. Ist das genug zum Leben?
Heißt das vielleicht, wir sollten hedonistisch alle Sinnesfreuden, alle Arten
von Gelüsten, auskosten, ohne uns um unser weiteres Schicksal oder um andere zu
kümmern? Möchten wir das?
Mit der nächsten Zeile:
„wer diese ganze Weltausbreitung überwand —“
Widerlegt der Buddha unsere hedonistischen Tendenzen.
Die Welt breitet sich heute im TV und im PC so weit aus wie nie zuvor.
Immer mehr zu kaufen und zu erleben wird uns als Glück angeboten – und zugleich
die Angst geschürt, etwas Wichtiges zu verpassen.
Vielleicht verpassen wir dabei unser momentanes Leben, da wo wir sind?
Wenn wir die nächste Zeile anschauen, die sagt: „unwirklich ist all dies,—“
Gehen wir der Sache auf den Grund. Was uns die Welt da bietet ist vergänglich
und unvollkommen – und bringt immer wieder Leid hervor: Es kann kein wirkliches
Glück sein.
Sich nur auf Sinnesfreuden, auf Macht und Besitz einzulassen, macht gierig und
bringt zugleich Wut und Gewalt gegen alles auf, was uns daran hindert
Das wird mit den nächsten Versen klar, die davon handeln, gierlos und hasslos zu
sein – immer mit dem Hinweis: „unwirklich ist all dies —„,
Es bringt uns nicht das ersehnte Glück!
Es geht um die Erkenntnis – aber nicht nur intellektuell sondern auch empfunden,
erfahren, erlebt!
Im 13. Vers kommt es deutlich zum Ausdruck:
„Wer nicht zu weit ging, nicht zurück blieb;
Wer wahnfrei weiß: Unwirklich ist all dies!
Ein solcher Mensch gibt beide Seiten auf,
Wie eine Schlange abgenutzte alte Haut.“
Der Buddha spricht in anderen Suttras vom Jugendwahn, Schönheitswahn,
Gesundheitswahn, Ewigkeitswahn und zeigt uns damit, wie wir uns in unserer
Verblendung leicht verlaufen. Es sind bestimmte Ideen, die wir pflegen und
nähren bis sie zu einem Wahn, einem fixierten Irrglauben, anwachsen, in dem wir
dann unseren Lebenssinn suchen. Dass das nicht hält, ist abzusehen – und doch
versuchen wir es immer wieder – und erleben Enttäuschungen und fallen nicht
selten in depressive Stimmung.
Tiefe Einsicht in die Unwirklichkeit unseres Glückswahns kann uns helfen, von
den Leid bringenden Dingen loszulassen. Aber kann das die Unzufriedenheit mit
uns selbst, mit dem Leben und mit der Welt auflösen?
Loslassen mag ja richtig sein – aber was bleibt mir dann noch? –
In seiner Lehre zeigt der Buddha einerseits das was loszulassen ist und auch das
was es zu fördern und aufzubauen gilt.
Im Gleichnis müht sich die Schlange ab, ihre alte Haut loszuwerden aber dann
bewegt sie sich frei wie neu in der jungen Haut. Machen wir es der Schlange
nach!
Ob es die Achtsamkeits-Übungen sind oder die ethischen Regeln, oder das Lernen
von Versen und Aussagen der Lehrreden; alles das fördert die Werte in uns, die
als Samen in uns angelegt sind. Wir werden zu guten, edlen Menschen, die das
Glück innerer Entwicklung erfahren, die uns zum vollkommenen Heilwerden
hinführt.
Der edle achtfache Pfad ist ein Richtung weisender Weg, der uns mit jedem
Schritt hilft, unser Leben neu zu gestalten, es zu bereichern und ihm Sinn und
Werte zu verleihen.
Mögen wir und alle Wesen glücklich sein.
Deine Wegbegleiterin wünscht Dir eine beglückende Sommerzeit.
die Ursula aus Wien