Liebe Wegbegleiterinnen und Begleiter,
Im letzten newsletter habe ich die Frage aufgeworfen „Wie gut bin ich?“.
So kam ich zum „NIE GUT GENUG“.
Ob diese Einstellung durch unsere Gesellschaft hervorgerufen wurde, die
Perfektion wünscht und verlangt, oder durch die Erziehung, wo vielleicht Liebe
und Wertschätzung von guten Noten und einwandfreiem Verhalten abhängig gemacht
wurde, oder ob ich mein ideales Ichbild so hoch hänge, dass ich nie herankomme –
das Resultat ist ein Mangel an Selbstwertgefühl.
Ich habe versprochen, den Buddha zu diesem Thema zu Wort kommen zu lassen.
Wir wollen ja etwas über den Aufbau von Selbstwerten wissen – den Abbau kennen
wir.
Woher beziehen wir unsere Werte?
Buddhas Antwort: Das kostbare Menschenleben ist ein großer Wert.
Der Mensch hat alle guten Fähigkeiten in sich als Potenzial; allerdings auch
alle schlechten, bösen. Es ist unsere Aufgabe, diese in uns angelegten edlen
Fähigkeiten zu fördern. In seiner Lehre unterscheidet der Buddha heilsam von
unheilsam. Während das Heilsame mir selbst und allen Wesen gut tut und zum Heil
führt – bringt das Unheilsame Leid, Schaden und Angst hervor und führt zum
Unheil.
Wir können wählen!
Die Entwicklung heilsamer Fähigkeiten ist ein Wert.
Wenn wir unsere heilsamen Fähigkeiten mit Achtsamkeit und Ausdauer üben,
entwickeln sie sich zu Kräften, die echten Selbstwert herstellen.
Welche Fähigkeiten werden genannt? (unter vielen anderen)
Vertrauen und Wissen;
Ruhe in Sammlung und Aktivität;
Achtsamkeit für das richtige Umsetzen.
Welche Eigenschaften möchtest Du hinzufügen?
Unsere unheilsamen Triebe wie
Gier, Hass und Ichsucht in Grenzen zu halten,
ist ein unschätzbarer Wert.
Zwei Gründe für echten Selbstwert liegen in dieser Aussage:
Einmal ist es die Tatsache als Mensch mit edlen Anlagen, dem
„Erleuchtungspotenzial“, geboren zu sein,
Zweitens durch eigenes Bemühen , sich entwickeln zu können.
Das Bemühen ist gut genug und wichtiger als das Resultat.
Die Unvollkommenheit ist ein Lebensprinzip.
Sie zu verstehen und zu akzeptieren ist ein Wert.
Das hört sich grotesk an, da wir doch nach Vollkommenheit streben.
Aber wir haben ja schon erkannt, dass Perfektion nicht auf Dauer zu erreichen
ist, und dass wir trotz großem Bemühen immer wieder Fehler machen und versagen;
also „nie gut genug“!
A) Die vollkommenste, edelste Rose mit betörendem Duft wird verwelken, hässlich
werden und sogar stinken – das ist ganz normale Vergänglichkeit.
Wir können die Perfektion nicht erhalten! (höchstens durch Plastik)
B) Leben lebt von Entwicklung: vom Baby zum Erwachsenen, vom Nicht-Können zum
Können: Gehen- und Sprechen – Lernen, Handeln und Verhalten einüben.
C) Auf unserem Lebensweg haben wir alle Fehler gemacht, vielleicht aus eigenem
Versagen, vielleicht wegen unvorhersehbarer Umstände. Was haben wir daraus
gelernt?
Sich selbst oder andere zu beschuldigen, sich minderwertig zu fühlen und zu
resignieren, ist keine gute Lösung. Besser ist es, aufzupassen und in Zukunft
diese Fehler zu vermeiden. Noch besser ist es, die eigene Unvollkommenheit zur
Einsicht zu nutzen.
Erkennen: Trotz aller Bemühung kann ich Fehler und Schwächen nie ganz
ausschließen – und damit von dem hohen Thron der Ich-Ansicht heruntersteigen.
Die Unvollkommenheit öffnet mein Herz für Gefühl und Mitgefühl. Ich werde ein
echter Mensch und kann mich und andere besser verstehen.
So bekommt die Unvollkommenheit selbst einen Wert!
Man sollte sich mit ihr anfreunden!
Das Unvollkommene vollkommen zu akzeptieren ist Befreiung!
Liebevolles Wohlwollen ist ein Wert.
Die Metta – Meditationen, auch als „liebende Güte“ bekannt, fangen damit an,
sich selbst liebevolle Zuwendung zu geben. Die Perfektionisten und die Zweifler
unter uns haben es schwer damit. Sie finden nur das liebenswürdig was 100 % edel
und gut ist, und können das von sich nicht behaupten. Anderen helfen sie gern
und üben sich in Nachsicht und Wohlwollen, aber bei sich selbst bauen sie einen
Wall aus alten und unheilsamen Mustern auf, der warmherzige Liebe verhindert.
Was kann man gegen den Mangel an Selbstliebe tun?
Zuerst einmal kann es helfen, sich selbst weder als besser noch als schlechter
als andere Menschen zu sehen. Dann könnte man alles aufzählen, was man Gutes im
Leben gemacht oder bekommen hat – jede Kleinigkeit gilt!
Da der Buddha das Bemühen eines Menschen für wichtiger hält als den Erfolg,
sollte man das auch tun – das Bemühen anerkennen trotz aller Fehler – und sich
selbst achten und wertschätzen.
Verehrung und Liebe für alles Große und Wahre ist ein Wert.
Es kommt darauf an, mit was wir uns im Geist und im Herzen verbinden, denn das
hat Einfluss auf unsere Gedanken und Gefühle. Wenn wir uns Wahrem und Echtem
zuwenden, wird uns auch solches zufließen. Vielleicht finden wir es bei höheren
Mächten wie Gott, den universalen Weltgesetzen, in allumfassender Liebe oder bei
weisen Lehren wie Buddha oder Jesus.
Kann ich mich verneigen vor dem was größer und vollkommener ist als ich?
Im Verneigen grüße ich das Edle, Wahrhaftige mit Dankbarkeit.
Wertschätzung, Liebe und Begeisterung, die darin enthalten sind,
finden Eingang in meine innere Welt.
Ich empfinde mich selbst als ein wertvolles menschliches Wesen.
Mögen alle Wesen glücklich sein.